In dem Moment, als ich an diesem Morgen den Bioladen betrat, schlug mir der Duft von frischen Produkten und Kräutertees wie eine Welle entgegen. Ich atmete tief ein und genoss das vertraute Aroma, das in den vergangenen Monaten zu einem festen Bestandteil meines Alltags geworden war. Während ich mir die Schürze umband, konnte ich das Gefühl nicht abschütteln, dass dieser Tag irgendwie anders werden würde – eine Ahnung, die ich nicht erklären konnte, aber die tief in meinem Inneren brodelte.
„Hey, Grace! Bereit für einen weiteren aufregenden Tag an der Saftbar?“ rief meine Kollegin Ally von ihrem Platz hinter dem Tresen aus, ein schelmisches Lächeln auf den Lippen.
Ich lachte und schüttelte den Kopf. „Natürlich! Schließlich müssen wir die verwöhnten Kunden bei Laune halten, nicht wahr?“
Doch kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, spürte ich, wie sich ein Knoten in meinem Magen bildete. Es gab da einen bestimmten Kunden, der es sich zur Aufgabe gemacht zu haben schien, uns das Leben so schwer wie möglich zu machen.
Wir nannten sie hinter ihrem Rücken „Miss Pompös“ – ein Spitzname, der absolut passend war. Jedes Mal, wenn sie den Laden betrat, benahm sie sich, als würde ihr der Ort gehören. Mit ihrer hochmütigen Art und ihrem herablassenden Verhalten machte sie unsere Schichten zur Qual.
Ich seufzte innerlich und versuchte, die Gedanken an sie zu verdrängen, während ich meine Aufgaben aufnahm. Ich brauchte diesen Job – dringend. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie.
Die Arztrechnungen meiner verwitweten Mutter stapelten sich, und meine jüngere Schwester zählte auf meine Unterstützung, um ihr Studium zu finanzieren. Dieser Job war meine Lebensader, und ich konnte es mir nicht leisten, ihn zu verlieren, egal wie unangenehm es manchmal war.
Während ich die Saftbar abwischte, lehnte sich Ally plötzlich näher zu mir herüber. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, aber die Dringlichkeit in ihrem Ton ließ mich aufhorchen. „Achtung, Grace,“ sagte sie leise, „Miss Pompös hat gerade auf dem Parkplatz geparkt. Mach dich bereit.“
Mein Herz sank in die Magengrube. „Na toll,“ murmelte ich, „genau das, was ich gebraucht habe, um meinen Tag zu beginnen.“
Die Glocke über der Tür bimmelte, und da kam sie – Miss Pompös höchstpersönlich. Ihre Designer-High-Heels klackerten auf dem Boden wie ein Countdown zur Katastrophe, während sie mit hoch erhobenem Kopf den Raum durchquerte.
Ohne auch nur ein „Guten Morgen“ oder ein Lächeln zu verschenken, stellte sie sich vor den Tresen und bellte ihre Bestellung: „Karottensaft. Sofort.“
Ich biss mir auf die Zunge und zwang mich zu einem professionellen Lächeln. „Natürlich, Ma’am. Kommt sofort.“